Nachweis der Gleichwertigkeit bei Leistungsbeschreibung durch Angabe eines Leitprodukts und dem Zusatz „oder gleichwertig“
Wenn der öffentliche Auftraggeber eine Leistung nicht produktneutral ausschreibt und sie durch Verweis auf ein Leitfabrikat mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ beschreibt, findet sich manchmal der Hinweis, dass ein Bieter, der nicht das Leitfabrikat anbietet, sondern „nur“ ein gleichwertiges Produkt, die Gleichwertigkeit mit den Angebotsunterlagen nachweisen muss.
Das ist nicht zulässig, soweit der Nachweis bereits mit dem Angebot verlangt wird. Wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann, dann ist es allein aus den Gründen der erschwerten Beschreibbarkeit zulässig, Leitfabrikate benennen. Eine darüber hinaus gehende Bevorzugung dieser Leitfabrikate ist jedoch unzulässig. Der öffentliche Auftraggeber darf vom Bieter, der andere Fabrikate anbietet, nicht den Nachweis der Gleichwertigkeit mit der Angebotsabgabe verlangen. Später ist dies aber sehr wohl zulässig und in der Regel auch geboten, denn klar ist, dass das Leitfabrikat die Kriterien erfüllt, die es ausmachen, beim gleichwertigen Produkt dies dagegen erst festgestellt werden muss.
Bieter legen meist Produktdatenblätter, Herstellerbescheinigungen oder Prüfberichte vor. Der Auftraggeber kann dann weitere für die Gleichwertigkeitsprüfung benötigte Angaben, Nachweise und Muster anfordern. Er kann seine Prüfung auf den Bestbieter beschränken. Die Darlegungs- und Beweislast für den Nachweis der Gleichwertigkeit liegt beim Bieter; d.h. bleibt unklar, ob das Produkt gleichwertig ist, geht dies zu Lasten des Bieters. Dann — aber auch wenn der Bieter verlangte Angaben und Nachweise nicht beibringt, oder die vorgelegten Unterlagen nicht aussagekräftig sind — ist das Angebot auszuschließen. Allerdings muss dem Bieter vor dem Ausschluss die Gelegenheit zum Nachweis der Gleichwertigkeit gegeben werden.
Gleichwertigkeit bedeutet, dass das angebotene Produkt in den als maßgeblich ausgewiesenen Leistungsmerkmalen dem Leitprodukt entspricht. Wichtig hierbei ist, dass der Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum hat, wobei die Vergabekammern und Oberlandesgerichte nur nachprüfen, ob die Beurteilung vertretbar ist. Ein Beurteilungsfehler liegt erst dann vor, wenn von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen wird oder Leistungsmerkmale herangezogen werden, die sich der Leistungsbeschreibung nicht entnehmen lassen oder bspw. ein unzutreffender Maßstab an die Prüfung der Gleichwertigkeit angelegt wird; denn Gleichwertigkeit setzt eben nicht Gleichheit voraus (maßgeblich sind nur die aus Sicht eines Fachkundigen relevanten Leistungsmerkmale).
Dr. Martin Dimieff
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